die lieben Wiener Suderanten und die Fashionweek

die lieben Wiener Suderanten und die Fashionweek

Jedes Jahr im September findet auch in Wien die beliebte Fashionweek statt. Das Zelt der Mode begeistert die einen und ist ein gefundenes Fressen für die anderen. Die einen loben sie in den Himmel und der Rest sabbert vor lauter Maul zerreißen. Einen ehrlichen und kritisch wertvollen Artikel findet man selten.

Die Kritiker sind sich alle einig, dass ein Modeevent nicht in einem Zelt stattfinden darf, dass nur die E-Z Promiwelt dort lauert und die Designer alle unbekannt und unfähig sind. Die Fans schwärmen von ihr in kurzen Artikeln um auch nächstes Jahr wieder auf der Gästeliste zu stehen und einen Platz in der Front Row zu ergattern. Selten mach sich jemand die Mühe das Thema Fashionweek wirklich zu ergründen. Ich würde lügen, wenn ich mich jetzt hier als die Expertin schlechthin aufstellen würde, denn dazu fehlt mir nun mal einfach die jahrelange Erfahrung. Dennoch denke ich, dass man sich ein bisschen mehr Gedanken machen muss bevor man so ein Projekt zerreißt.

Die Wiener sind nicht gerade dafür bekannt die Modeexperten der Welt zu sein und in den restlichen 51 Wochen im Jahr schert es die meisten einen Dreck was in der Welt der Mode passiert. Aber wenn es dann soweit ist und die Fashionweek im Museumsquartier in vollem Gange ist, sind auf einmal alle Experten und müssen natürlich ihre Meinung publizieren. Österreich ist nicht gerade ein großes Land und nach wie vor glaubt ein Teil der restlichen Welt, dass es sich da um Australien handelt. Wir haben also wenig Menschen und wenig Modeinteressenten und dennoch vergleichen wir unsere Fashionweek mit der von Mailand, New York und Paris. Schon mal überlegt, dass es nicht unbedingt leicht ist mit solchen Metropolen mitzuhalten?

Die Location ist an sich ja nett gewählt. Das Museumsquartier steht für Kreativität und Ideenvielfalt, also eigentlich wirklich passend. Dass man da dann allerdings lieber ein Zelt hinstellt, ist vermutlich wirklich ein Kritikpunkt. Dennoch sollte er nicht im Vordergrund stehen, sondern das was darin gezeigt wird. Es geht hier schließlich nicht darum einen architektonischen Preis zu gewinnen oder die schönsten Innenraumgestaltung zu präsentieren. Nebenbei bemerkt auch in den Modemetropolen der Welt haben sich schon Designer (zB Dior) für Zelte als Veranstaltungsort entschieden. Das einzige was ich wirklich schade finde ist, dass man den Designer nicht die Möglichkeit gibt den Veranstaltungsort selber zu wählen. Da würde Wien nämlich so einiges bieten. Letztlich könnte der Ort nämlich die Idee der Show erweitern und den Zuschauer in die richtige Stimmung versetzen. Keiner vergisst so schnell die Chanelshow im Supermarkt und dennoch wählen nach wie vor die meisten Designer einen neutralen Laufsteg. Hier scheiden sich die Geister zwischen dem Gesamtpaket und dem reinem Fokus auf die gezeigte Mode.

Das nächste Problem scheinen vor allem die Menschen dort zu sein. E-Z Prominente wollen dort ihre gratis Häppchen und Getränke abstauben. Nun ja, erst einmal ist dort nicht alles für jeden gratis und gibt es diese Leute nicht bei jeder Veranstaltung? Glauben manche wirklich solche gibt es bei den Oscars oder bei den Filmfestspielen in Cannes nicht? Das Problem ist eher, dass es in Wien kaum eine A-Prominez gibt. Und vor allem wer ist hier so ein Experte, dass er bestimmen kann wer den Buchstaben A trägt und wer Z? Es gibt in Wien nun mal kein Hollywood oder ein schnuckliges Kronprinzpaar. Also muss man hier die Front Row anders füllen. Als eigentliches Problem sehe ich eher, dass hier kaum Einkäufer für Modehäuser oder tatsächliche Experten sitzen. Denn das ist die Idee hinter jeder Fashionweek. Es sollen die Trends der neuen Saison gezeigt werden und die Modehäuser und Boutiquen sollen damit ihre Läden und Showrooms füllen.

Wirklich lustig und lächerlich sind in meinen Augen nur diejenigen die sich als Experten fühlen und eigentlich kein bisschen Ahnung haben. Paradebeispiel ist ein Artikel von einem Onlinemagazin, dass nicht versteht warum man in Wien keinen Philipp Plein zu Gesicht bekommt. Erstmal warum sollte er in Wien seine Show machen und vor allem warum gerade er? Seit wann steht dieser Designer für den Inbegriff von richtiger Mode? Viel eher sollte man sich fragen warum es viele Designer des Landes nicht reizt mitzumachen. Und wenn wir schon hoch pokern dann würde ich mir ehrlich gesagt andere Designer wünschen. Nämlich solche die mehr als Strass und Totenköpfe verwenden. Ein anderer toller Beitrag kommt von einem journalistisch hochentwickelten Sender und zieht die Fashionweek mal so richtig durch den Kakao. Leider haben sie dabei etwas essentielles vergessen. Grundlektion des Journalismus: ein Interviewer sollte Ahnung vom Thema haben. Denn sonst findet er halt auch einfach nur die Kasperl die selber keine Ahnung haben und wird selten inhaltlich spannende Antworten bekommen. Da kann es dann schon mal passieren, dass jemand glaubt Iberogast wäre ein Designer und nicht ein Magen-Darmbeschwerde-Hilfsmittel. Und ja, mir ist bewusst, dass das alles als Witz gedacht ist und dennoch frage ich mich warum besagter Sender keinen anderen wertvollen Beitrag geliefert hat.

Letzter Punkt sind die ach so unspektakulären und unfähigen Designer. Großer Kritikpunkt, es sind fast nur Newcomer. Ok, also erstens ist das einfach nicht wahr und zweitens nur weil man Newcomer ist, ist man nicht automatisch schlecht. Dass es einige Designer gibt die das Handwerk nicht perfekt ausführen, ist leider traurige Tatsache. Aber es ist nicht gerechtfertigt das über alle zu sagen. In Wien haben viele Designer sehr viel Ahnung von Schnitten sowie von Stoffen und wissen auch sie gekonnt einzusetzen. Problem hier ist eher, es wird nicht gekauft. Denn Avantgarde ist in Wien für viele nach wie vor hässlich. Warum? Weil alles was ausgefallen und spektakulär ist, unbedingt kritisiert werden muss. Wer läuft denn so auf der Straße herum? Wo soll ich denn sowas tragen? Wie schaut denn der aus? Würden wir alle uns mehr trauen und das tragen worauf wir Lust haben, würden die Straßen von Wien um einiges interessanter aussehen und die Designer hätten auch mehr Interesse daran spannende Mode zu kreieren. Also Hut ab vor jedem der das macht, denn es besteht immer die Gefahr von den “Modeexperten” als unfähig eingestuft zu werden. Leider nicht unbedingt verkaufsfördernd. Da ein(e) Designer/in nun mal auch seine/ihre Miete zahlen muss, wird er oder sie das schneidern was sich verkaufen lässt. Und das ist in Wien nun mal nicht Avantgarde.

Man kann also sagen, dass es Kritikpunkte gibt an der Wiener Fashionweek. Dennoch versuchen zumindest ein paar Menschen dies Stadt für eine Woche im Jahr zu einer Modestadt zu machen und geben Designern eine Plattform. Das Problem liegt eher an dem geringen Interesse an spannender Mode und an dem ewigen Wiener Sudern.


Pic by Michael Lehner

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